Meine 2. Folge aus dem Bereich „Was ist…?“ Fachartikel. Im Folgenden möchte ich über Trigger und Flashbacks aufklären. Betroffene, Angehörige, Fachkräfte und viele andere Menschen können dann vielleicht besser nachvollziehen, warum jemand ausrastet oder wieso eine Situation eskaliert ohne scheinbar triftigem Grund. Schließlich brauchen die Betroffenen unsere Hilfe.
Trigger – was ist das ?
Im Zusammenhang mit einem Trauma bezieht sich ein Trigger auf eine Situation, ein Ereignis, eine Person, einen Ort oder irgendeinen Stimulus, der eine intensive emotionale Reaktion oder Erinnerung bei einer Person auslösen kann, die ein traumatisches Ereignis erlebt hat. Traumatische Ereignisse können eine Vielzahl von Erfahrungen umfassen, darunter Unfälle, Missbrauch, Naturkatastrophen, Krieg, Vernachlässigung oder andere lebensbedrohliche Situationen. Trigger sind unvorhersehbar und stark und können zu Symptomen wie Flashbacks, Panikattacken, Angstzuständen oder starken emotionalen Reaktionen führen, die mit dem traumatischen Ereignis verbunden sind.
Menschen, die unter Traumafolgestörungen leiden, können besonders empfindlich auf Trigger reagieren. Das Erkennen von Trigger ist für die Betroffenen ein wichtiger Teil, um in die Selbstregulation zurückzukommen und sich nicht mehr von den aufkommenden Gefühlen überwältigen zu lassen.
Trigger können in verschiedenen Formen auftreten:
durch folgende Wahrnehmungsbereiche können Flashbacks ausgelöst werden:
- Akustische Trigger: Geräusche, wie z.B. Silvesterböller, die an eine Explosion oder an ein Kriegserlebnis erinnern, Türen zuknallen, anschreien usw.
- Olfaktorische Trigger: Gerüche, die ungefiltert ins Gehirn eintreten; (z.B. Benzingeruch, der an einen Unfall in der Vergangenheit erinnert. Geruch von Kot oder Erbrochenem, wenn ein Baby der Verwahrlosung ausgesetzt war. Das Gefühl von Ekel tritt dann in den Vordergrund, ein Würgereiz kann entstehen ohne scheinbar erkennbaren Grund. Parfümgeruch oder Rasierwasser, dass an die Person erinnert, die übergriffig geworden ist.
- Visuelle Trigger: Bilder, Menschen, ein Tier oder ein Soldat in einer Uniform. Person, die Ähnlichkeit hat im Aussehen, Gangbild, Haarfarbe oder Körpergröße.
- situationsabhängige Trigger: Bestimmte Situationen oder Umgebungen können Erinnerungen an das traumatische Ereignis hervorrufen. Zum Beispiel könnte ein Ort, der dem Ort des Traumas ähnelt, eine starke Reaktion auslösen.
- Emotionale Trigger: Bestimmte Emotionen oder Stimmungen können als Trigger dienen. Ein Gefühl von Angst, Hilflosigkeit oder Wut kann Erinnerungen an das traumatische Ereignis wieder erwecken.
Wichtig zu wissen:
Die Trigger treten nicht alle gleichzeitig auf, sie sind im Körper an unterschiedlichen Stellen abgespeichert, wie ein durcheinander geworfenes Puzzle. Die betroffene Person hat keinen bewussten Zugriff auf die „einzelnen Puzzleteile“ und kann sie auch nicht zusammenfügen, außerdem kann sie sich ihre Panikattacke häufig selbst nicht erklären, wird von den Gefühlen überwältigt und ist nicht mehr bewusst handlungsfähig. Kinder unter 3 Jahren können ihr traumatisches Erlebnis nie in Worte fassen, Es sind oft undefinierbare Emotionen da, denen nach einem Trigger unerklärbare Wutausbrüche, Fluchtverhalten oder Erstarren folgen.
Was sind Flashbacks?
Flashbacks sind intensive und wiederkehrende Erinnerungen an ein traumatisches Ereignis, die in der Regel plötzlich und unerwartet auftreten. Sie können sich wie lebendige und realistische Wiedererlebnisse des traumatischen Ereignisses anfühlen, als ob die Person wieder in diesem Moment gefangen wäre.
Ein Flashback kann durch verschiedene Trigger ausgelöst werden, wie zum Beispiel bestimmte Geräusche, Gerüche, Orte, Situationen oder sogar Emotionen, die mit dem traumatischen Ereignis verbunden sind. Während eines Flashbacks kann die betroffene Person die Umgebung um sich herum vorübergehend vergessen und in die Vergangenheit zurückversetzt werden, indem sie das traumatische Ereignis erneut durchlebt.
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Merkmale eines Flashbacks können sein:
Die Symptome eines Flashbacks können stark variieren und sind total unterschiedlich.
- Intensive emotionale Reaktionen wie Angst, Panik, Scham, Wut, Ekel u.v.m.
- Körperliche Reaktionen wie zum Beispiel beschleunigter Herzschlag, Schwitzen, Zittern, Atemnot, Schwindel
- Das Gefühl, als ob das traumatische Ereignis gerade erst passiert wäre, und eine starke emotionale Reaktion darauf folgt. (Kampf, Flucht, Erstarren)
- Ein vorübergehender Verlust des Bewusstseins über die gegenwärtige Umgebung oder Situation.
Flashbacks sind ein häufiges Symptom bei posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und können das tägliche Leben einer Person stark beeinträchtigen, so dass diese nur schwer ihren Alltag bewältigen kann.
Behandlungsmöglichkeiten / Hilfen:
Die Behandlung von PTBS kann verschiedene Therapieformen umfassen, darunter kognitive Verhaltenstherapie, und EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing), die darauf abzielen, die Symptome von Flashbacks zu lindern und die Bewältigungsfähigkeiten der betroffenen Person zu stärken.
Bevor Betroffene stabil genug sind eine solche Therapieform auszuwählen oder sich in eine Therapie zu begeben, bereitet die Traumapädagogik auf den Prozess des sich Einlassens vor.
Ausblick auf die nächsten Fachartikel zum Thema Trauma:
- Hilfe zur Selbsthilfe bei Trigger und Flashbacks
- Wie helfe ich einem Betroffenen bei einem Flashback?
weiterführende Literatur zum Thema:
- Van der Kolk, Bessel: „verkörperter Schrecken“ – Traumaspuren in Gehirn, Geist und Körper
- Anne Steffen: „der Schreck auf der Schaukel „ – was das Gehirn beim Trauma macht
- Bruce D. Perry / Oprah Winfrey: „Was ist dein Schmerz?“ – Gespräche über Trauma, seelische Verletzung und Heilung
Eine posttraumatische Belastungsstörung haben eben nicht nur Soldaten. Jede Krise, Trauma oder Unfall kann eine PTBS
auslösen. Wichtig ist wohl, dass zeitnah psychologische Nothilfe beansprucht wird um das zu verarbeiten.
Liebe Schnüffi98,
Vielen lieben Dank für deinen so wichtigen Kommentar. Genau, es betrifft nicht nur die Soldaten. Jeder, der ein unvorhergesehnes, überwätigendes Ereignis erfahren hatte, kann – auch er sehr viel später – an einer Traumafolgestörung leiden. Wie groß das Leiden empfunden wird, hängt von der Person selbst ab. Kinder – vor allem Kinder unter 3 Jahren – können dieses Leiden überhaupt nicht verbal ausdrücken. Sie reagieren auf ihre Emotionen.
Begleitung und Unterstützung ist für alle Beteiligten wichtig und notwendig. Vor allem geht es mir darum, Kindern ein Gehör zu verschaffen, denn deren scheinbaren „Verhaltensauffälligkeiten“ haben oft einen „guten Grund“. In meiner Begleitung geht es darum, Stabilität zu verschaffen, Tools und Techniken zu vermitteln, die die Betroffenen und das Umfeld einsetzen kann, damit Kinder in einer wertschätzenden und sicheren Umgebnung aufwachsen können. Für mich heißt dies regelmäßig mich und meine Arbeit selbst zu reflektieren und mir ggf. weitere Unterstützung oder Beratung zu holen, wenn ich selbst ann eine Grenze stoße. Ich sehe meine Aufgabe darin, die Person, die eigentlich eine Traumatherapie benötigt, dafür zu stabilisieren. Das ist meine Absicht als Traumapädagogin und traumazentrierte Fachberaterin.
Viele liebe Grüße
Claudia Lohe